Egoismus ist wohl angeboren. Er begleitet die ersten Schritte des kindlichen Lebens als Element der Evolution, bevor das Stadium als Erwachsener erreicht wird. Multiple Probleme können entstehen, wenn der Moment des notwendigen Wechsels hin zum Gemeinsinn verpasst wird, meinen die Morallehrer.

Der Götterglaube der Religionenschöpfer, dass der Mensch nach seinem Tode die Hölle durchwandern muss, um in das Paradies zu gelangen, oder auch nicht, je nach Sündenregister, führte im Mittelalter zu großen mentalen Unruhen bis zu Ängsten vor der Hölle mit ihren schrecklichen Dingen.

Dante Alighieri hat das Szenarium in seiner „Göttlichen Komödie“ zwischen 1304 und 1320 als ein Drama mit kunstvollen 14233 einzelnen Gesangsversen beschrieben. Das Buch ist kein lesbarer Roman, eher ein Sach- oder Lehrbuch. Die Story: Dante sucht seine Jugendliebe Beatrice auf einer Jenseitswanderung zunächst in den 9 Ringen der Hölle je nach Vergehen, die jeder nach dem Tod durchwandern muss, um über eine Phase der Läuterung in das Paradies zu gelangen. In den ersten Ringen der Hölle trifft er auf Personen mit lässlichen Sünden (Nicht getaufte, Wollüstige, Geizige, Schlemmer, Jähzornige, Ketzer u.v.m.). In den Ringgräben Nummer 7 und 8 auf Betrüger, Heuchler, Geldverleiher, Wucherer, Fälscher, Korrupte u.ä., schließlich im letzten 9. Ringgraben auf Erzverräter und Vernichter des menschlichen Lebens. Sie hatten keine Chance ins Paradies zu gelangen. Dante findet Beatrice im Paradies nur in verklärten himmlischen Gestalten.

Martin Luther sah die Sünder auch im klerikalen Papsttum angesiedelt, die mit Ablasshandel, d.h. Papier gegen Geld (heute Wertpapierhandel mit Derivaten), die Pfründe anstrebten und Bestechung/Korruption betrieben. (Gegenwärtig noch anzutreffen). Die 10 Gebote wurden schon im Mittelalter gering beachtet (wie auch noch heute).

Bedenklich, dass eine etwa 700-jährigen Aufklärung und trotz einer Kosten aufwendigen Schulbildung die Vergehen (und Sünden) bis in die Gegenwart als Ergebnisse des Egoismus anzutreffen sind. Auch die Inquisition der katholischen Kirche hatte keine einschneidenden und langfristigen Veränderungen bewirkt.

Moderne Gesellschaften leiden in der Gegenwart unter dem egoistischen Neoliberalismus der Marktwirtschaft, die die Gemeinschaft in arm und reich spaltet. Der Egoismus hinterlässt Schäden in der Natur und aus Gewinngründen werden Kriegen vorbereitet und geführt. Das Ego beeinflusst die Verteilung der Ergebnisse aus den gemeinsamen Wertschöpfungsprozessen. Papst Franziskus I. verurteilt ihn als Tanz um das Goldene Kalb und meint, diese Wirtschaft tötet.

In Deutschland stehen 2021 wichtige Wahlakte an und die Wähler erwarten, dass die Parteien und ihre Führungskräfte Programme vorlegen, die die anstehenden Probleme lösen.

Die beherrschende Virus-Pandemie legt offen, dass ein organisierender starker Staat gebraucht wird, auch um die Folgen des wirtschaftlichen Egoismus klein zu halten. Die Führungskandidaten der nach Wahlstimmen stärksten Partei haben mit der ansteigenden Staatsverschuldung ein „weiter so“ im Sinn. Herr Merz mahnt bei jedem öffentlichen Auftritt „Marktwirtschaftliche Instrumente“ an. Alternativen zur Marktwirtschaft sind nicht zu hören. Die Minderung der Risiken der Zerstörung der Lebensgrundlagen in der Natur oder durch Kriege werden nicht angesprochen.

Die noch Vorsitzende der christlichen Mehrheitspartei fordert Bewaffnung der Drohnen (Du sollst nicht töten!) und eine Erhöhung des Wehretats im Staatshaushalt.

Der Partner der noch amtierenden GROKO hatte vor sehr langen Zeiten Strategien, den Egoismus in der Wirtschaft zu reduzieren und Gleichheit in der Gesellschaft herzustellen. In der Wahlvorbereitung herrscht Ruhe oder Unruhe je nach Standpunkt. Wirksame Alternativen zur Verringerung der Spaltung, die Ausschaltung der Flüchtlingsursachen und die Solidarität mit den Opfern sind öffentlich von der SPD nicht zu vernehmen. Kritiken sind Wattebällchen, die im Gestrüpp von Gesetzesordnungen hängen bleiben.

Bei den Kandidaten der Grünen steht ihre Koalitionsfähigkeit mit den Konservativen im Ranking ihrer Politik scheinbar ganz oben. Enttäuschend ihr verändertes Verhältnis zu Militäreinsätzen und zum Frieden. Die Linken leiden unter den schweren Hypotheken der gesellschaftlichen Alternativversuchen bis 1990 und an den Folgen der Verleumdungen seit Jahrzehnten.

Nach den Kriterien der Kirchen erhalten die Linken einen Platz im Paradies für ihre Mühen um Frieden und für eine würdige Wohnwelt, jenseits des Marktradikalismus. Die anderen großen Parteien strampeln in den Höllenringen ab Nummer 7 und hoffen das Land der Seligen zu erreichen. Die Gelben pflegen ihren Freiheitstraum und vergessen, dass die Freiheit nicht Dritten schaden darf, auch nicht dem Mittelstand, der im Wettbewerb durch die Großen und aber besonders in der Pandemie Schaden erleidet. Sie glauben, dass Steuerfluchten und Cum-Cum-Geschäfte zum Schaden der Steuerkasse den Handlungsfreiheiten der Unternehmen unterliegen. Martin Luther würde den Heuchlern der blauen AFD keine Chance zum Erreichen des Paradieses einräumen.

Keine der beherrschenden Parteien verfolgt das humanistische Ziel, das noch zerbrechliche Haus der UNO zu stärken. Die Weltgemeinschaft verfolgt als Ganzes im Gegensatz zur EU und den USA keine egoistischen Ziele. Die Charta der Menschenrechte und der Weltsicherheitsrat sind ein großartiger Ansatz, sowie auch ihre Plattform zur Beratung gemeinsamer Probleme. Instrumente der UNO sind diplomatische Verhandlungen, mit dem Ziel zu weltweiten Vereinbarungen zum Wohle aller zu gelangen. Sanktionen lehnen die UNO Mitglieder in den Generaldebatten überwiegend ab.

Die Zeit der systemischen Lagerkämpfe ist vorüber. Das Potential der Waffen hat sich grundsätzlich geändert. Wer zuerst schießt, wird als zweiter erschossen und seine Umgebung unbewohnbar gemacht. Die Versuche zur Erreichung einer Hegemonie einzelner großer Wirtschaftsmächte haben keine Zukunft. Ihr Egoismus und Nationalismus bringt Unfrieden in die Weltgemeinschaft.

Das 21. Jahrhundert hält das weltgeschichtliche Fenster offen, um über die künftigen Lebensgrundlagen des Homo Sapiens zu entschieden. Über friedliche Lebensmöglichkeiten ohne Waffeneinsatz, über die Ursachen von Flüchtlingswellen, über die Ernährungsmöglichkeiten der wachsenden Bevölkerung, über die Anerkennung der Natur als Rechtssubjekt, über die Rolle der Wissenschaft, jenseits der Waffenforschung, über das Ende der Rückständigkeit der Entwicklungsländer.

Es geht um die friedliche Entwicklung der EINEN WELT, die die Moralnormen des gesellschaftlichen Zusammenlebens zum Credo erhebt. Die globale Gemeinschaft wird überlebensfähig bleiben, wenn der Gemeinsinn stark ist, nicht der Egoismus. In seiner Gruppenform hat er historisch Religions- und Weltkriege zum Ausbruch gebracht.


Der Autor beschreibt in seinem neuen Buch „Hat die Welt eine Zukunft?“ Verlag am Park, ISBN 978-3-947094-79-0, Alternativen der Planung, in einer humanen Welt.