Trotz bestehender Meinungsverschiedenheiten in den politischen Bewertungen, zeugte die Tagung vom Willen, gemeinsam die großen Probleme in ihren Ländern anzugehen. Beinahe zeitgleich mit der 76. Generaldebatte der UNO, die unter anderem neue Wegstrecken für die Weltgemeinschaft absteckt, fand in Mexiko am 21. September ein Gipfeltreffen der Präsidenten und Regierungschefs der CELAC Staaten statt (Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten). Der Generalsekretär der UNO Guterres und der Präsident der Volksrepublik China Xi Jinping haben per Videoschaltung zu den Teilnehmern gesprochen.
Die Zusammenkunft ist der Beginn einer weiteren Entwicklungsetappe der süd- und mittelamerikanischen Staaten. Die Ländergruppe verfolgt verstärkt seit Mitte des 20. Jahrhunderts selbstbewusst das Ziel, die Lebenslage ihrer Bevölkerung spürbar zu verbessern. Einige, wie Kuba, Bolivien, Ecuador, Venezuela, u.a. konnten die extreme Armut hinter sich lassen und den Bildungsstandard der Kinder deutlich erhöhen. Boykotte und Sanktionen, Auflagen des Internationalen Währungsfonds (IWF) werfen sie immer wieder zurück. Sie streben eine gleichberechtigte Teilnahme an der internationalen Wirtschaftsentwicklung an. Lateinamerika steht nicht abseits von der Weltentwicklung und sieht sich nicht als Hinterhof der USA. Bereits in den Jahren zuvor haben die Länder ihre Territorien zur atomwaffenfreien Zone erklärt (Vertrag von Tlatelolco). 1974 haben sie der UNO den Vorschlag unterbreitet, eine „Neue Weltwirtschaftsordnung“ einzurichten. Das Projekt erhielt die Unterstützung der Entwicklungsländer und es erreichte nach den Debatten die Reife von Empfehlungen der UNO.
Die CELAC Tagung in Mexiko wurde mit einer 44 Punkte-Erklärung beendet. Gefordert werden die Aufhebung der Wirtschaftsblockade der USA und der EU gegen Kuba, sowie eine für Argentinien gerechte Beendigung des Malwinen-Konfliktes mit England. Für den kommenden Klimagipfel in Glasgow werden als eigener Beitrag gemeinsame Maßnahmen angestrebt. Für neue Verhandlungen mit dem IWF wird eine einheitliche Position vereinbart. Weitere Punkte betreffen den Technologiebereich, die Verstärkung der Integration u.v.m.
Trotz bestehender Meinungsverschiedenheiten in den politischen Bewertungen, zeugte die Tagung vom Willen, gemeinsam die großen Probleme in ihren Ländern anzugehen. Die kritisierten Präsidenten Kubas und Venezuelas zeigten sich bereit zum Dialog.
Mit der Administration der USA soll die Veränderung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) verhandelt werden. Die OAS war unter Führung der USA als Instrument des Kalten Krieges 1948 eingerichtet worden. In vielen Fällen hat sie sich gegen lateinamerikanische Länder unrühmlich verhalten, so hat sie sich in den letzten Jahren in demokratische Wahlprozesse eingemischt. Angestrebt wird die Veränderung des Verhältnisses zwischen der CELAC und den USA. Es soll für die Zukunft den Charakter des Hinterhofes verlieren.
Die CELAC wurde 2011 in der Hauptstadt Venezuelas gegründet. Ihr Entwicklungsweg knüpfte an den Staatenverbund der UNASUR (Union Südamerikanischer Nationen) und der ALBA (Bolivarianische Allianz für Amerika) an. Ihre Wurzeln stecken in den visionären Ideen des Simon Bolivar, der ein großes Vaterland im südamerikanischen Kontinent sah (Patria Grande). Seitenstränge führen zur Gruppierung des Sozialforums von Sao Paulo.
Begehbare Brücken zur USA baut der aktuelle mexikanische Präsident Andrés Manuel López Amador (AMLO), der bis 2024 im Amt ist. Er gab seiner Amtszeit den Namen: „Die Vierte Transformation„.
Die erste war die Überführung der spanischen Kolonialherrschaft in die politische Souveränität Mexikos ab 1821. Die zweite bezieht sich auf die Zeitperiode des Präsidenten Benito Juárez 1858/1861, der erneut die Souveränität Mexikos zurückeroberte, nachdem die europäische Heilige Allianz unter Führung Österreichs die Macht in Mexiko zurückerobert hatte. Kaiser Maximilian I. herrschte in Mexiko. Die dritte Transformationsphase begann mit der Bauernrevolution 1911 unter Zapata, Madero und Villa. Landflächen wurden an die ursprünglichen Eigentümer, die Indígenas, wieder zurückgegeben, obwohl die nicht in den europäischen Grundbüchern verzeichnet waren. Ein Teil der alten Schuldbücher der Latifundistas wurden vernichtet. Die mexikanische Bauernrevolution fand zeitgleich mit der russischen statt. Eine in ihrer Zeit modernste bürgerliche Verfassung der Welt, mit grundsätzlichen sozialen Rechten, wurde in Mexiko 1917 in Kraft gesetzt. Sie stärkte die politische Souveränität des Landes. Mexiko erhielt in dieser Zeitspanne seine kulturelle Identität zurück.
In den Folgejahren vertiefte sich die wirtschaftliche Abhängigkeit Mexikos von den USA und den transnationalen Konzernen. Die wirtschaftliche Souveränität, die Ernährungssouveränität und die Souveränität der Sicherheit des Landes werden bis zur Gegenwart durch äußere Kräfte beschnitten. Das alles zurückzuführen, macht die Größe der Vierten Transformation des derzeitigen Präsidenten López Amador aus. In den Grundzügen stimmt sein Vorhaben mit den Zielen der CELAC überein. Die grundsätzliche Veränderung des kapitalistischen Systems wird kurzfristig nicht verfolgt. Dennoch steht die Abschaffung des Hinterhofs auf der Tagesordnung der Politik latein- und mittelamerikanischer Länder und ihrer Bündnisse.
Mexiko und andere Länder der CELAC setzen auf ihr Menschenrecht der Selbstbestimmung und auf angemessene Teilhabe an den Ergebnissen der Wertbildungsprozesse im Rahmen der internationalen Arbeitsteilung zwischen den Rohstoffexporteuren und Fertigwaren- und Leistungsimporteuren. Wie andere Länder hat auch Mexiko viele Sprichworte. Ein tief humanes lautet:
„Todo es possible en la Paz“ (Alles ist im Frieden möglich).