Das Wort „München“ – bei mir ruft es Bilder vom Surfen in einem riesigen Park mit nackten Sonnenanbetern und nahe gelegenen Bierhallen hervor. Aber in den US-Nachrichtenmedien steht es für das skrupellose Versäumnis, einen Krieg schneller zu beginnen.
Laut dem neuen München-Film auf Netflix – dem neuesten Teil der unerbittlichen Propagandalawine des Zweiten Weltkriegs – war die Entscheidung von München, den Zweiten Weltkrieg noch nicht zu beginnen, nicht das schreckliche moralische Versagen, das wir alle kennen und lieben gelernt haben, sondern tatsächlich ein kluger Teil des Schlachtplans, der darauf abzielte, Großbritannien Zeit zu verschaffen, sein Militär aufzubauen und so den völlig unvermeidlichen Krieg zu gewinnen.
Herrje, wo soll ich nur anfangen? Großbritannien und die Vereinigten Staaten spielten im Zweiten Weltkrieg, der hauptsächlich von der Sowjetunion gewonnen wurde, eine untergeordnete Rolle. Der Krieg wurde nicht durch den Zustand des britischen Militärs entschieden. Der Zweite Weltkrieg war kein moralisches Gut, sondern das Schlimmste, was je in kurzer Zeit geschehen ist. Wenn wir in der Zeit zurückreisen und den Krieg verhindern wollen, sollten wir besser zurückgehen und den 1. Weltkrieg, auch bekannt als der Große Krieg, verhindern. Wir täten auch gut daran, die Finanzierung und Bewaffnung der Nazis durch US-amerikanische und britische Unternehmen zu stoppen, die jahrzehntelange Priorität der USA und Großbritanniens, die Linken in Deutschland niederzuhalten, rückgängig zu machen und England und Frankreich davon zu überzeugen, den sowjetischen Vorschlag anzunehmen, sich dem deutschen Krieg anzuschließen, anstatt ein militarisiertes Deutschland zu suchen und zu hoffen, seine Angriffe auf Russland zu lenken.
Unabhängig davon, ob die berühmte Erbsünde der „Beschwichtigungspolitik“ den Krieg verursacht oder tatsächlich gewonnen hat, ist sie doch Teil einer kulturellen Sättigung, die den Krieg als unvermeidlich erscheinen lässt, selbst in einer radikal anderen Welt. Sobald man sich einbildet, dass ein Krieg an einem neuen Ort, wie der Ukraine, unvermeidlich ist, ist es am besten, sich darauf vorzubereiten, ihn sogar zu beginnen oder ihn zumindest zu provozieren. Das nennt man eine sich selbst erfüllende Vorstellung.
Was aber, wenn die große Beschwichtigungsangst völlig fehl am Platze ist? Was ist, wenn „München“ nicht in der Ukraine liegt? Was, wenn es in Washington, D.C. ist? Wenn Präsident Biden sagt, es sei seine heilige Pflicht, Osteuropa weiter aufzurüsten, wie viel davon ist dann „Widerstand“ gegen Russland, und wie viel davon ist Verbeugung vor den Waffenhändlern, den Kriegstreibern, den NATO-Bürokraten, den blutrünstigen Medien und dem Pentagon? Was, wenn München in Wirklichkeit gar nicht in Europa liegt?
Wenn wir darauf bestehen, München in der Ukraine zu finden, sollten wir uns besser darüber klar werden, wer die Rolle der Nazis spielt. Ich weiß, dass es verboten ist, irgendjemanden mit den Nazis zu vergleichen, es sei denn, es handelt sich um die Russen oder die Syrer oder die Serben oder die Iraker oder die Iraner oder die Chinesen oder die Nordkoreaner oder die Venezolaner oder die Ärzte, die für Impfungen eintreten, oder die Randalierer vor dem US-Kapitol oder, wirklich, so ziemlich jeder andere als vielleicht die selbsternannten Neonazis in der ukrainischen Regierung und im Militär. Aber das ist vor allem wegen der sadistischen und völkermörderischen Innenpolitik der Nazis verboten, die maßgeblich von den Vereinigten Staaten inspiriert und von den USA, Großbritannien und anderen Nationen, die sich jahrelang öffentlich geweigert haben, Flüchtlingen zu helfen, offen toleriert wurde – und zwar aus offen antisemitischen Gründen. Lassen Sie uns also noch einmal klarstellen, wer ein Imperium ausdehnt und wer Angst vor Gebietsverlusten hat.
Als Deutschland kürzlich Estland die Lieferung von Waffen an die Ukraine verweigerte, spielte es da vielleicht auf nationaler Ebene die Rolle derer, die sich mutig gegen den Nationalsozialismus erhoben? Als der französische Staatspräsident vor kurzem Europa aufforderte, sein eigenes Vorgehen gegenüber Russland zu beschließen und weniger feindselig zu gestalten, was hatte er da wohl im Sinn? Wenn Russland all die Waffen und Truppen sieht, die sich in der Nähe seiner Grenzen sammeln und üben, sollte dann nicht das Pentagon Entertainment Office, das die Geschichte von München bzw. der Beschwichtigungspolitik durch Film und Fernsehen fördert, wollen, dass der allerletzte Gedanke in den Köpfen russischer Beamt:innen „Wir dürfen nicht beschwichtigen“ ist?
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Anita Köbler vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!