Corbevax ist der erste Impfstoff gegen das Coronavirus, der lizenzfrei ist. Die honduranische Mikrobiologin María Elena Bottazzi leitet in den USA gemeinsam mit dem Wissenschaftler Peter Hotez das Zentrum für Impfstoffentwicklung im Texas Children’s Hospital in Houston. Ihrem Team von Wissenschaftler*innen ist es gelungen, mit Corbevax einen Impfstoff gegen das Coronavirus zu entwickeln, der lizenzfrei und günstig herzustellen ist und dadurch in diversen Ländern in großen Mengen produziert werden kann. Für ihre Arbeit wurden Bottazzi und Hotez für den Friedensnobelpreis nominiert.
Bei einem von der Entwicklungsorganisation Internews organisierten online-Gespräch am 16. März unterstrich die Mikrobiologin die Notwendigkeit, dass die Regionen, die die Impfstoffe am meisten benötigen, diese selbst produzieren können. Das sei ein Beitrag zur Dekolonisierung solcher Produkte. Corbevax ist ein Proteinimpfstoff, der in leicht verfügbaren Hefezellen gezüchtet wird und somit sogar vegan hergestellt wird. Die Produktion einer Dosis wäre mit etwa drei Dollar deutlich günstiger als mRNA-Impfstoffe.
Dekolonisierung der Impfstoffproduktion
Während des virtuellen Events unterstrich Bottazzi die Bedeutung der Kommunikation besonders mit indigenen Bevölkerungsgruppen, die häufig Zweifel an und Misstrauen gegen die Impfung haben. „Ich möchte die indigenen Gruppen ermutigen, mit den Wissenschaftler*innen zusammenzuarbeiten, mit denen, die sicherstellen, dass diese Technologien sicher und effektiv sind“, so Bottazzi. Zudem sei es wichtig, die indigenen Bevölkerungsgruppen in die Diskussionen über Impfkampagnen mit einzubeziehen damit sie erkennen könnten, dass diese notwendig und sicher für die Gemeinschaften seien. „Wenn wir gerecht sein wollen, brauchen wir einen Dialog mit den Bevölkerungsgruppen, die Zweifel haben und müssen auf diese Zweifel eingehen“, sagte die Forscherin.
Angesichts des verbreiteten Misstrauens gegenüber einer Immunisierung unterstrich die honduranische Wissenschaftlerin, dass die Impfstofftechnologie sicher sei und funktioniere. „Für mich ist das Wichtigste zu sehen, welches Risiko es birgt, sich nicht durch eine Impfung zu schützen wenn ich doch weiß, das Impfungen seit Jahren als wichtiges Instrument der Gesundheitsvorsorge anerkannt sind“, so Bottazzi.
Durch die Pandemie seien diverse Mängel in der Gesundheitsversorgung deutlich geworden. Daher sei es wichtig, dass staatliche Behörden der Gesundheitsvorsorge Vorrang einräumten. Denn obwohl dies zentral für die Sicherheit eines jeden Landes sei, „wurde die Gesundheit immer als zweitrangig angesehen“. Die Schwäche der weltweiten Gesundheitssysteme zeige sich auch in der Vernachlässigung anderer Krankheiten während der Covid-19-Pandemie.
Gemeinnütziges Eigentum
Corbevax sei gemeinnütziges Eigentum und könne frei hergestellt werden, so Bottazzi. Der Impfstoff sei sicher und habe weniger Nebenwirkungen als beispielsweise Astra Zeneca. Vor seiner Anerkennung wurde der Impfstoff klinischen Studien zu dessen Wirksamkeit unterzogen. Dabei hat sich gezeigt, dass der Impfstoff zu über 80 Prozent vor symptomatischen Infektionen durch die damals vorherrschende Delta-Variante schützt. Zudem hat eine Dosis Corbevax eine längere Wirksamkeit als andere Corona-Impfstoffe; daher sei es laut Bottazzi wahrscheinlich, dass mit Corbevax weniger häufig geboostert werden müsse. Allerdings war die Zahl der Probanden relativ gering. Bisher ist auch noch nicht bekannt, wie gut der Impfstoff vor der Omikron-Variante schützt. Um weitere Daten zu erheben oder den Impfstoff weiterzuentwickeln, benötigen die Forscher*innen mehr Fördergelder. Die USA und die anderen G7-Staaten haben sich jedoch trotz entsprechender Bitten der Forschenden bislang geweigert, das Projekt finanziell zu unterstützen.
Notfallzulassung in Indien
Ende Dezember 2021 hat Corbevax eine Notfallzulassung in Indien erhalten. Dort werde der Impfstoff bereits Minderjährigen verabreicht, so Bottazzi. Diese erste Zulassung werde dazu führen, dass sich neue Türen öffneten, um mit der Immunisierung der ärmeren Regionen der Welt voran zu kommen, hofft sie.
Das texanische Zentrum für Impfstoffentwicklung entwickelt bereits seit über 20 Jahren verschiedene Impfstoffe gegen Krankheiten, die vor allem in Entwicklungsländern verbreitet sind. Dabei hat das Team eher einen akademischen als einen wirtschaftlichen Schwerpunkt: Es will forschen, fortbilden und die wissenschaftlichen Erkenntnisse mit anderen teilen. Momentan versuche ihr Team, einen Impfstoff zu entwickeln, der gegen sämtliche Coronavirus-Varianten wirkt, so Bottazzi.