Am 30. Januar 2021 fand die selbstorganisierte Versammlung mit Teilnahme von hunderten Delegierten aus verschiedenen Organisationen statt, die sich zum Thema Bildung als Menschenrecht im Rahmen des Weltsozialforums (WSF) versammelten.
Die Aktivität wurde von der Lateinamerikanischen Kampagne für das Recht auf Bildung (CLADE), dem Rat für Volksbildung in Lateinamerika und der Karibik (CEAAL), der Presseagentur Pressenza, dem Netzwerk „Espacio sin Fronteras“, dem „Global March against Child Labour“, dem „Global/Local Network for Quality Education“, dem Netzwerk für die Volksbildung von Frauen (REPEM), der Weltorganisation für frühkindliche Entwicklung (Omep) und „Fe y Alegría“ organisiert.
Zum Auftakt des Dialogs betonte Grant Kasowanjete, globaler Koordinator der Globalen Kampagne für Bildung, die Notwendigkeit, mehr Mittel für die öffentliche Bildung in den Ländern des globalen Südens bereitzustellen, da dies eine zentrale Herausforderungen bei der Verwirklichung des Menschenrechts auf Bildung sei.
Er wies darauf hin, dass „für jeden Dollar an Hilfe, der von der nördlichen Halbkugel kommt, zehn Dollar durch Auslandsverschuldung und andere Mechanismen entwendet werden“, was die öffentlichen Gelder aufzehrt und das System unterfinanziert, da die Bildungsausgaben zu 90% aus eigenen Mitteln stammen.
Nelsy Lizarazo von der Generalkoordination von CLADE betonte die Vertiefung bereits bestehender Ungleichheiten als Folge der Pandemie und eine Verfestigung der sozialen Schichtung und des Ausschlusses vom Bildungsweg in vielen sozialen Sektoren. Es fehle vor allem an Unterstützung, Konnektivität oder angemessener Ausstattung, wobei dies besonders die ländliche Bevölkerung, Migrant*innen, Indigene und Menschen mit Behinderungen betrifft.
Gleichzeitig wies sie darauf hin, wie Regierungen Millionen von Dollar und Daten an Konzerne übergeben haben, Informationen, die das ohnehin schon enorme Geschäft der großen Technologiefirmen füttern wird. Sie fügte auch hinzu, dass der globale Notstand die Lehrbedingungen mit Budgetkürzungen, Gehaltskürzungen, einer höheren Arbeitsbelastung erschwert hat, zu der noch der psychologische Druck hinzukommt, der durch die Anstrengung der Pädagogen entsteht, die bestmöglich versuchen sich auf die neuen Herausforderungen des Fernunterrichts einzustellen.
Ausgehend von diesen Charakterisierungen wurde sich der Frage nach neuen Lernmethoden, deren Stärken und Herausforderungen gestellt.
In einer ersten Runde von Vorträgen wurden Schlüsselaspekte wie der Mangel an Infrastruktur und die Notwendigkeit einer gemeinschaftlichen technologischen Entwicklung unabhängig von großen Unternehmen erörtert. Außerdem wurde der Schaden, der durch den Ausschluss von Millionen von Kindern aus dem Bildungsprozess entsteht, oder die Dysfunktionalität der homogenen Bildungsplanung angesichts der Komplexität der vielfältigen Realitäten aufgezeigt.
Unter den gewonnenen Erkenntnissen wurden die Vorstellungskraft der Pädagogen, die es geschafft haben, widrige Umstände zu überwinden, die natürliche Neugier der Kinder jenseits des institutionellen Rahmens, die Bedeutung des Dialogs und der gemeinsamen Arbeit zwischen Schule, Eltern und Gemeinde zu fördern, gelobt. Hervorgehoben wurde ebenfalls die Rolle des „Community Learnings“ das zusammen mit den positiven Auswirkungen progressiver politischer Projekte dem bisher vorherrschenden neoliberalen System trotzt.
Die Versammlung setzte ihre kollektive Debatte über die vorrangige Agenda in den jeweiligen Regionen und über grundlegende Gemeinsamkeiten der einzelnen Projekte fort.
In einem fließenden und anregenden Dialog wiesen die Teilnehmer darauf hin, dass angesichts der vorherrschenden Gewalt in den verschiedenen Territorien es in erster Linie darum gehen muss, das Recht auf Leben zu garantieren. Ebenso müssen, um die Ungleichheit auf den Bildungsebenen innerhalb des sozialen Systems zu überwinden, sichere Bildungsräume, frei von Aggression und Missbrauch für Mädchen und Jungen angeboten werden.
Die Notwendigkeit, eine politisch-pädagogische Revolution angesichts neoliberaler Pläne zu fördern, wurde ebenso hervorgehoben wie die Notwendigkeit, den Dialog zwischen den Generationen zu stärken. Insbesondere die Bedeutung eines umfassenden Sexualkundeunterrichts zur Überwindung sexueller Gewalt gegen Mädchen, Jugendliche und Frauen wurde im Detail erörtert.
Zu den globalen Prioritäten gehörten, dass das Recht auf Bildung nicht minimiert wird, sowie die Stärkung des öffentlichen Systems und das Entgegenwirken des Glaubens, dass private Systeme besser funktionieren, um Ungleichheit und Diskriminierung im Bildungssystem zu bekämpfen.
Gemeinsame Schwerpunkte für künftige Aktionen waren die Betonung der Menschenrechte und der Vorschlag, breite Allianzen zu fördern, um so zur Stärkung der sozialen Organisation und Mobilisierung beizutragen. Es wurde hervorgehoben, wie wichtig es ist, weiterhin Informationen zu verbreiten, indem man Botschaften und Kampagnen verbindet, die gemeinsame Interessen vertreten.
Ebenso wurde in der Debatte vorgeschlagen, sich stärker über Vorgehensweisen auszutauschen, um bewährte Praktiken sichtbar zu machen und so eine noch effektivere Wirkung in Bezug auf die gestellten Forderungen zu erzielen.
Unter den Vorschlägen für gemeinsame Aktionen wurden die Schaffung einer zentralen Anlaufstelle, die Förderung der Befreiungspädagogik im Hinblick auf den 100. Geburtstag von Paulo Freire, die Öffnung von neuen Räumen für den Austausch der Generationen und des Konzepts des „guten Lebens“ (buen vivir) anvisiert. Politisches Handeln ist notwendig, um Bildung im Sinne des Feminismus und der sozioökonomischen Gerechtigkeit neu zu gestalten und die Kraft zu entwickeln, um nicht nur physische, sondern auch psychische Krankheiten, unter denen die Menschheit leidet, zu überwinden.
Schließlich verabschiedete die Versammlung einen Text der in die Abschlusserklärung des Weltsozialforums 2021 aufgenommen wurde.
„Im Rahmen dieses WSF 2021 schließen wir uns der Agenda der Transformation auf globaler Ebene an, die sich für die sozialen Kämpfe und Rechte einsetzt und die katalytische Rolle der Bildung anerkennt. Die Pandemie hat die historischen Ungleichheiten innerhalb und außerhalb der Bildungssysteme aufgezeigt, von denen unter anderem Frauen, Menschen mit Behinderungen, Flüchtlinge und Migranten, indigene Gemeinschaften und die Landbevölkerung betroffen sind. Sie hat auch die digitale Kluft und die Reaktionen der Regierungen darauf hervorgehoben, sowie die Notwendigkeit, eine Strategie der digitalen Souveränität zu entwickeln.
Um öffentliche Bildungssysteme zu stärken, ist es notwendig, den Bedrohungen durch fiskalische Sparpolitik, Staatsverschuldung und Kürzungen der Bildungsfinanzierung sowie den vielfältigen Trends der Privatisierung entgegenzutreten. Von der frühen Kindheit über die Jugend bis hin zur Gewährleistung der Bildung von Erwachsenden ist es nach der Pandemie unerlässlich, den Sinn und Zweck von Bildung zu überdenken, auf der Suche nach den Rechten der Bevölkerung und der Überwindung des Patriarchats. Ein heterogenes und interkulturelles Modell, transformativ und inklusiv; basierend auf dem Dialog und sicher für die Gemeinschaften; unter Wertschätzung ihres Wissens und lokaler Kenntnisse, sowie der Zusammenarbeit in Solidarität und das unablässige Engagement für den Schutz des Lebens.“
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Jonas Jancke vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!