Für viele war dieser Valentinstag anders als alle zuvor. Wenn ihr den Tag ohne eure Lieben verbringen müsst und die Glückwunschkarten eures Supermarkts des Vertrauens euch nicht wirklich ansprechen, könnte selbst ein Gedicht zu verfassen eine persönlichere Möglichkeit sein eure Liebe auszudrücken. Oder um John Donne zu zitieren: „Mehr als Küsse, verschmelzen [Gedichte] Seelen.“
Hier sind einige Gedichte zur Inspiration, sowie einige Ideen, um die erste Zeile aufs Papier zu bringen.
Macht eine Aufzählung
In ihrem Sonnet How do I love thee (Wie ich dich liebe) verdeutlicht Elizabeth Barrett Browning die Wirksamkeit des Durchhaltevermögens beim Schreiben romantischer Texte. Nachdem Vorhaben alle Möglichkeiten aufzuzählen, hält sich das Gedicht durchgängig an sein Anfangskonzept -Wie ich dich liebe- und beantwortet die Frage in alle möglichen Richtungen, „so tief, so hoch, so weit, /als meine Seele blindlings reicht“
Wie ich dich liebe zeigt wie das Einbauen einer Aufzählung in ein Gedicht in einen überzeugenderen und intimeren Text verwandeln kann. Dies findet sich auch, in einer alberneren Art, in Arten sich zu lieben von Hera Lindsay Bird. In ihrem Gedicht entfaltet Bird eine überraschend und entschieden unsexy Liste von Parallelen, um die Aufforderung des Titels zu „beantworten“:
Wie ein Metalldetektor, der einen anderen Metalldetektor erkennt.
Wie zwei einsame Schüler zwischen den dunklen Kluften des kyrillischen Alphabets.
Wie ein alter Stern der langsam in ein schwarzes Loch gezogen wird.
Ob nun tiefgründig von Herzen kommend oder eher unbeschwert, ein Listengedicht ist eine schöne Möglichkeit, um sich an die kleinen Dinge zu erinnern, die eine Beziehung ausmachen. Halb ein Gebet, halb ein Beleg, kann es das scheinbar Unmessbare messen, da die Suche nach der nächsten Antwort auf die anfängliche Frage euch zwingt kreativ zu denken und hinter das Offensichtliche zu blicken.
Ihr könntet zum Bespiel mit dem Titel „Die Dinge, die du tust“ (Each thing you do) anfangen und euch selbst zu vierzig Versen herausfordern. Oder vielleicht beantwortet ihr Barret Brownings Frage im Hinblick auf unsere Lebensrealität 2021:
Ich liebe dich über zwei Meter hinaus;
Ich liebe dich über die Grenzen meines täglichen Ganges hinweg.
Nutzt euer Begehren
Arten sich zu lieben erfüllt zwar nicht die versprochene Erotik des Titels, doch Selima Hills Begehren ist ein Begehren tut dies definitiv:
Es verspottet mich
Wie die Mündung einer Pistole;
Es fließt in meine Seele wie flüssiger Honig
Versteckt in den Tiefen verräterischer Wunden;
In dieser Abwandlung des Listengedichts, nutzt Hill Verlangen als ihren Ausgangspunkt und zählt seinen Folgen lustvoll, in fast schon schmerzhafter Detailgetreue auf. Ähnlich zelebriert der Dichter Kim Addionzo in seinem Gedicht Für Begehren was es heißt jemanden zu wollen, ohne Zurückhaltung oder Schuldgefühle. Ob es nun „der stärkste Käse“, der „gute Wein“ oder „der*die Geliebte, der die Tür seines Hauses aufschlägt und mich gegen die Wand drückt“ ist. In Ficken in Cornwall, beschreibt Ella Frears die weniger glamouröse Realität von Sex und Verlangen:
Der Regen ist stark und da ist ein halber Regenbogen
Über dem feuchten Strand; steck einfach deine Hand unter mein Oberteil.
Es ist vielleicht nicht das kostspielige historische Drama, dennoch zeigt es mit freudiger Nostalgie das unangenehme Fummeln der ersten Liebe und den Regengenuss der englischen Küste.
Jedes dieser Gedichte genießt die Kraft der Formulierung des Verlangens und gebraucht-Werdens; den Ausdrucks des Körpers und was er will.
Seid spielerisch
Vielleicht erkennt ihr etwas in den ersten Zeilen von Harryette Mullens Düstere Dame wieder:
Die Augen meines Schatzes sind keineswegs neonfarben. Das Tagesangebot im Red Lobster ist roter als ihr Kussmund. Wenn Liquid Paper weiß ist sind ihre Regale institutional beige. Wäre ihr Wischmopp (Pistole) ein Slinky, so würden Slinkys auf ihrem Kopf wachsen.
In dieser schnellen Ode nutzt Mullen Shakespeares berühmtes Sonnet 130 („My mistress’ eyes are nothing like the sun” – “Ihre Augen sind nicht wie die Sonne“) – welches selbst eine Parodie ist – und verändert es komplett. Während sie den Stil des Originals beibehält, ersetzt sie fast jedes Wort mit einem zeitgenössischen Bezug zur Massenkonsumkultur, wodurch die gesamte Erklärung- und die Liebesindustrie- herrlich lächerlich wirkt.
Düstere Dame verdeutlicht die Kraft einer Neuschreibung und feiert den Fakt das Gedichte – genau wie die Liebe – ein spielerisches und veränderliches Zusammenspiel sind. Genau wie das Zoom Pub-Quiz und der Online Escape-Room, ist Mullens Wordaustausch ein Spiel was mit jedem Abstand gespielt werden kann.
Warum nehmt ihr euch nicht jeder das Sonnet 130 und erfindet seine eigene Version mit verschiedenen Themengebieten. Wie wäre es mit Pflanzenarten? Oder TV-Programmen? Vielleicht Keks Marken? Dann tauscht untereinander und vergleicht die Ergebnisse.
Und denkt dran, für welchen Stil auch immer ihr euch für ein Liebesgedicht entscheiden solltet, vergesst nicht den Ratschlag der Dichterin Les Murray:
Die besten Liebesgedichte sind bekannt
Nur den Liebenden allein.Wenn ihr euren eigenen Vers schreibt, ist es der Gedanke, der zählt.
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Julia Mandel erstellt und die Lektorierung von Chiara Pohl, beide vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam. Wir suchen Freiwillige!