Die Seuche „Krieg oder nichts“ hat uns fest im Griff. Die Menschen können sich buchstäblich nichts anderes vorstellen – Menschen auf beiden Seiten desselben Krieges.
Jedes Mal, wenn ich andeute, dass Russland irgendetwas Gewaltfreies getan haben könnte, um sich der NATO-Erweiterung und der Militarisierung seiner Grenze zu widersetzen, oder dass die Ukraine im Moment irgendetwas Gewaltfreies tun könnte, füllt sich mein Posteingang in fast genau demselben Maße mit ziemlich wütenden Schreiben, in denen die Idee angeprangert wird, dass es irgendetwas gab oder gibt, das Russland – im Falle der Hälfte der E-Mails – oder die Ukraine – im Falle der anderen Hälfte der E-Mails – möglicherweise anders tun könnte als zu töten.
Die meisten dieser Mitteilungen scheinen nicht ernsthaft um eine Antwort zu bitten – und natürlich habe ich im Vorfeld mit einem Berg von Artikeln und Webinaren geantwortet -, aber einige von ihnen bestehen rhetorisch darauf, dass ich „nur eine Sache“ nennen soll, die Russland getan haben könnte, außer die Ukraine anzugreifen, oder „nur eine Sache“ nennen soll, die die Ukraine tun könnte, außer Russland zu bekämpfen.
Es spielt keine Rolle, dass das, was Russland getan hat, die NATO mehr gestärkt hat als alles, was die NATO jemals aus eigener Kraft hätte tun können. Es spielt keine Rolle, dass die Ukraine Benzin auf das Feuer ihrer eigenen Zerstörung kippt. Angeblich gab und gibt es keine andere Möglichkeit als die kontraproduktive Wahl der Gewalt. Nichts anderes ist überhaupt denkbar. Wie auch immer…
Russland hätte das tun können:
- sich weiter über die täglichen Vorhersagen einer Invasion amüsieren und weltweit für Heiterkeit sorgen, anstatt einzumarschieren und die Vorhersagen einfach um ein paar Tage zu verfälschen.
- die Evakuierung der Menschen aus der Ostukraine fortsetzen, die sich von der ukrainischen Regierung, dem Militär und den Nazi-Schlägertrupps bedroht fühlten.
- den Evakuierten mehr als 29 Dollar zum Überleben anbieten; ihnen sogar Häuser, Arbeitsplätze und ein garantiertes Einkommen geben. (Denkt daran, dass wir über Alternativen zum Militarismus sprechen, Geld ist also kein Gegenstand und keine noch extravagante Ausgabe wird jemals mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein der Kriegsausgaben sein).
- einen Antrag auf eine Abstimmung im UN-Sicherheitsrat stellen, um das Gremium zu demokratisieren und das Veto abzuschaffen.
- die Vereinten Nationen bitten, eine neue Abstimmung auf der Krim über den Wiederanschluss an Russland zu begleiten.
- Dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) beitreten.
- den IStGH bitten, die Verbrechen im Donbass zu untersuchen.
- Tausende von unbewaffneten zivilen Schutzkräften in den Donbass entsenden.
- die weltweit besten Ausbilder für gewaltfreien zivilen Widerstand in den Donbass entsenden.
- weltweit Aufklärungsprogramme über den Wert kultureller Vielfalt in Freundschaften und Gemeinschaften sowie über das abgrundtiefe Versagen von Rassismus, Nationalismus und Nazismus finanzieren.
- die faschistischen Mitglieder aus dem russischen Militär entfernt.
- der Ukraine die weltweit führenden Anlagen zur Erzeugung von Solar-, Wind- und Wasserenergie schenken.
- die durch die Ukraine verlaufende Gaspipeline stilllegen, und zusagen, nördlich der Ukraine keine weitere Pipeline zu bauen.
- sich verpflichten russische fossile Brennstoffe zum Wohle der Erde im Boden zu belassen.
- der Ukraine elektrische Infrastruktur schenken.
- der Ukraine die Eisenbahninfrastruktur als Geschenk der Freundschaft anbieten.
- seine Unterstützung für die öffentliche Diplomatie, die Woodrow Wilson vorgab, anbieten.
- erneut die acht Forderungen ankündigen, mit denen sie im Dezember begonnen hatten, und von der US-Regierung öffentliche Antworten auf jede einzelne Forderung verlangen.
- die Russisch-Amerikaner auffordern, die russisch-amerikanische Freundschaft an dem den Vereinigten Staaten von Russland geschenkten Tränen-Denkmal vor dem New Yorker Hafen zu feiern.
- zu den wichtigsten Menschenrechtsverträgen beitreten, die es noch nicht ratifiziert hat, und andere auffordern dies ebenfalls zu tun.
- Sich verpflichten die von den Vereinigten Staaten aufgekündigten Abrüstungsverträge einseitig einzuhalten, und zur Gegenleistung auffordern.
- eine Politik des Verzichts auf den Ersteinsatz von Atomwaffen ankündigen und weiter dazu ermutigten.
- eine Politik der Abrüstung von Atomraketen ankündigen und sie nicht in Alarmbereitschaft halten, um mehr als nur ein paar Minuten Zeit zu haben, bevor eine Apokalypse ausgelöst wird, und dazu ermutigten, dasselbe zu tun.
- ein Verbot des internationalen Waffenverkaufs vorschlagen.
- Verhandlungen aller mit Atomwaffen ausgerüsteten Regierungen, einschließlich derjenigen, die US-Atomwaffen in ihren Ländern haben, über die Reduzierung und Abschaffung von Atomwaffen vorschlagen.
- sich verpflichten, keine Waffen oder Truppen in einem Umkreis von 100, 200, 300 oder 400 km um eine Grenze zu unterhalten, und dies auch von Nachbarstaaten zu fordern.
- eine gewaltfreie, unbewaffnete Armee organisieren, die zu den Grenzen marschiert und gegen jegliche Waffen oder Truppen in Grenznähe protestiert.
- die Welt aufrufen, sich an dem Marsch und dem Protest zu beteiligen.
- die Vielfalt der globalen Gemeinschaft der Aktivist:innen feiern und kulturelle Veranstaltungen als Teil des Protests organisieren.
- die baltischen Staaten bitten, die gewaltfreie Reaktionen auf die russische Invasion geplant haben, dabei zu helfen, Russ:innen und andere Europäer:innen darin zu schulen.
Die Ukrainer könnten vieles tun, und vieles davon tut sie auch, wenn auch nur in begrenztem Umfang, unorganisiert und mit geringer Berichterstattung:
- die Straßenschilder ändern.
- die Straßen mit Material blockieren.
- die Straßen mit Menschen blockieren.
- Plakate aufstellen.
- mit den russischen Truppen sprechen.
- russische Friedensaktivist:innen feiern.
- sowohl gegen die russische als auch gegen die ukrainische Kriegstreiberei protestieren.
- nach ernsthaften und unabhängigen Verhandlungen der ukrainischen Regierung mit Russland – unabhängig vom Diktat der USA und der NATO und unabhängig von den Drohungen der ukrainischen Rechten fordern.
- öffentlich für No Russia, No NATO, No War demonstrieren.
- einige dieser 198 Taktiken anwenden.
- die Auswirkungen des Krieges dokumentieren und der Welt zeigen.
- die Macht des gewaltlosen Widerstands dokumentieren und der Welt zeigen.
- mutige Ausländer einladen, sich einer unbewaffneten Friedensarmee anzuschließen.
- die Verpflichtung verkünden, sich niemals militärisch mit der NATO, Russland oder sonst jemandem zu verbünden.
- die Regierungen der Schweiz, Österreichs, Finnlands und Irlands zu einer Konferenz über Neutralität nach Kiew einladen.
- ein Bekenntnis zum Minsk-2-Abkommen, einschließlich der Selbstverwaltung der beiden östlichen Regionen verkünden.
- ein Engagement für die Anerkennung der ethnischen und sprachlichen Vielfalt ankündigen.
- eine Untersuchung der rechtsgerichteten Gewalt in der Ukraine ankündigen.
- Delegationen ukrainischer Bürger:innen mit bewegenden Geschichten ankündigen, über die in den Medien berichtet wird, in den Jemen, nach Afghanistan, Äthiopien und in ein Dutzend andere Länder, um die Aufmerksamkeit auf alle Kriegsopfer zu lenken.
- ernsthafte und öffentliche Verhandlungen mit Russland aufnehmen.
- sich verpflichten keine Waffen oder Truppen in einem Umkreis von 100, 200, 300 oder 400 km um eine Grenze zu unterhalten, und dasselbe von Nachbarstaaten zu fordern.
- gemeinsam mit Russland eine gewaltfreie, unbewaffnete Armee organisieren, die zu den Grenzen marschiert und gegen jegliche Waffen oder Truppen in der Nähe der Grenzen protestiert.
- in der ganzen Welt nach Freiwilligen rufen, die sich dem Marsch und dem Protest anschließen.
- die Vielfalt der globalen Gemeinschaft von Aktivist:innen feiern und kulturelle Veranstaltungen als Teil des Protests organisieren.
- die baltischen Staaten, die gewaltfreie Reaktionen auf die russische Invasion geplant haben, um Hilfe bei der Ausbildung von Ukrainer:innen, Russ:innen und anderen Europäer:innen in diesem Bereich bitten.
- den wichtigsten Menschenrechtsverträgen beitreten und sich daran halten.
- dem Internationalen Strafgerichtshof beitreten und ihn aufrechterhalten.
- zum Vertrag über das Verbot von Nuklearwaffen beitreten und diesen einhalten.
- die Aufnahme von Abrüstungsverhandlungen zwischen den Regierungen der atomar bewaffneten Länder der Welt anbieten.
- sowohl Russland als auch den Westen um nichtmilitärische Hilfe und Zusammenarbeit bitten.
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Anita Köbler vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!