Das 14. Weltsozialforum (WSF) in Mexiko-Stadt, das zeitgleich mit dem Gedenken an den Weltarbeitertag am 1. Mai begonnen hatte, endete am 6. Mai.
Im Folgenden veröffentlichen wir die Abschlusserklärung des WSF 2022, die dazu aufruft, gemeinsam und dringend die „andere Welt“ aufzubauen, die möglich und notwendig ist.
Einen gemeinsamen Zeitplan für eine andere, dringend notwendige Welte erstellen
- Das 14. Weltsozialforumg begann am Sonntag, den 1. Mai, mit einem Marsch, der mit den Veranstaltungen zum Welttag der Arbeit zusammenfiel. Das WSF 2022, das vom 1. bis 6. Mai in Mexiko-Stadt stattfand, ist das erste internationale Treffen, das seit dem Beginn von Covid 2019 sowohl live als auch virtuell (also hybrid) stattfand.
- Die Pandemie, die nach wie vor weltweit Schaden anrichtet, hielt die Vertreter/innen von Verbänden, Kollektiven und sozialen Bewegungen aus Afrika, Asien, dem Nahen Osten, dem asiatisch-pazifischen Raum, Lateinamerika und der Karibik nicht davon ab, sich in Mexiko-Stadt zu treffen.
- Das WSF 2022 hatte mit Hindernissen zu kämpfen, welche die Anwesenheit von Vertretern aus mehreren Ländern, insbesondere aus Afrika und Asien erschwerten oder verunmöglichten.
Wir prangern die Verweigerung von Visa für Mitglieder von Delegationen aus mehreren Ländern und die Verhinderung der Einreise mehrerer unserer Kamerad:innen durch die Einwanderungsbehörden an. - Mehr als dreitausend Teilnehmende aus autonomen Frauen- und feministischen Bewegungen, junge Menschen, Angehörige verschiedener Sexualitäten, Gewerkschafter:innen, Gemeinschaften indigener Völker, Gruppen aus der Sozialkirche, von Umweltaktivist:innen, Antirassist:innen, aus der städtischen Bewegung, dem ländlichen Raum, Migrantenorganisationen und vielen anderen sozialen Bereichen; aus mehr als 30 Ländern auf vier Kontinenten, in 789 Workshops und Versammlungen, die an 15 Orten im historischen Zentrum von Mexiko-Stadt stattfanden, und soziale Organisationen mit mehr als 50 Sälen, Innenhöfen und Auditorien – zusätzlich zum Epizentrum in Zelten auf der Plaza de Santo Domingo – haben dazu eingeladen, nachzudenken, sich auszutauschen und sich Aktionen vorzustellen, um die Welt zu verändern.
Die Themen waren unter anderen Klima, Landwirtschaft im Einklang mit der Erde und nachhaltige Wirtschaft, Menschenrechte, Feminismus, Minderheiten, Bildung, Arbeitnehmerrechte, Kultur, Kommunikation, Selbstbestimmung der Völker … und so viele andere Themen.
Es ist schon jetzt sicher, dass dieses Forum eine Menge kollektiver Aktionen hervorbringen und unverzüglich umsetzen wird. - Die Bewegungen sehen sich mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert, die sich aus der irrationalen Ausbeutung natürlicher Ressourcen wie Wasser, Land und Raum ergeben und die den Klimawandel, Migrationsströme, Bevölkerungsverschiebungen und damit die Destrukturierung unserer Gesellschaften beschleunigen. Diese wirtschaftliche, soziale und kulturelle Gewalt ist eine Form der permanenten Kriegsführung, der die Menschheit ausgesetzt ist und die nur durch eine radikale Veränderung des Systems gestoppt werden kann.
- Die Regierungen haben die Pandemie genutzt, um demokratische Freiheiten anzugreifen, verschiedene Einschränkungen der Rechte der Menschen zu fördern und vor allem, um den großen privaten Konzernen, den ersten Nutznießern einer weltweiten Pandemie, die durch das irrationale Handeln des Kapitalismus verursacht wurde, ungerechtfertigte Macht zu geben.
- Die vorherrschende Spar- und Strukturanpassungspolitik wird bestätigt. Neoliberale Arroganz herrscht. Destabilisierung, Kriege, gewaltsame Unterdrückung und die Instrumentalisierung des Terrorismus werden in allen Regionen durchgesetzt. Reaktionäre ideologische Strömungen und rechtsextremer Populismus werden immer aktiver.
- Das WSF Mexiko 2022 ist ein Schritt im Aufbau einer neuen Phase des Altermondialismus (einer Art Globalisierung von unten). Jede Phase des Altermondialismus ist eine Antwort auf die herrschende Logik des Kapitalismus in seiner neoliberalen Phase und basiert auf Formen der Mobilisierung.
- Das WSF 2022 war von dieser globalen Situation geprägt – es war mehr auf Widerstand ausgerichtet. Die sozialen und staatsbürgerlichen Bewegungen sind sich der Dringlichkeit bewusst, strategische Orientierungen festzulegen. Sie bestätigten, dass die Notwendigkeit des Widerstands die Widersprüche nicht aufhebt und dass alle Möglichkeiten offen bleiben.
- In diesem Jahr ist eine andere Form des Krieges ausgebrochen, der Krieg in der Ukraine, als Folge der russischen Invasion in dieses Land. Getreu seinen Ursprüngen und der Grundsatzcharta verurteilt dasWSF diese Invasion, den Tod tausender Zivilisten und die Anwendung todbringender Gewalt, deren Auswirkungen bereits auf der ganzen Welt zu spüren sind. Dieses neue Kriegsszenario reiht sich ein in viele andere, deren Folgen die Völker zu spüren bekommen. Die Völker müssen einen Weg finden, um Frieden zu schaffen.
- Wir dürfen nicht vergessen: die Apartheid des Staates Israel, der Krieg in Syrien, Irak und Mali, Afghanistan und an anderen Orten zwischen den imperialistischen Weltmächten ist der sublime Ausdruck ihrer Kleinlichkeit und ihres plumpen Streits um die Weltherrschaft, bei dem es am Ende weder Gewinner noch Verlierer geben wird, sondern nur Verwüstung und Tod für unsere Völker.
- Auf dem Weltsozialforum 2022 stand viel auf dem Spiel. In einer zutiefst widersprüchlichen Weltsituation ermöglichte es uns, einen Vorschlag zur Veränderung der Globalisierung zu entwickeln, der der neuen Situation entspricht; die neuen Widersprüche des Weltsystems zu verstehen; von den Widerstandsbewegungen ausgehend Alternativen zu definieren und ein neues Emanzipationsprojekt aufzubauen.
Eine andere Welt ist möglich und wir müssen sie gemeinsam aufbauen!
Übersetzung aus dem Italienischen von Domenica Ott vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!