Die Geschichte schwarzen Empowerments und seiner Begleitmusik sind lange und wechselvoll. Was mit dem Blues im frühen 20.Jahrhundert seinen ersten Höhepunkt erlebte und heute vor allem im Hip-Hop und R&B zum Ausdruck kommt fand – angetrieben durch die US-Bürgerrechtsbewegung – Ende der 1960er Jahre im Gospel, Soul und Funk seine musikalische Heimat. Es lohnt sich in diesem Zusammenhang, den Back-Katalog der Formation The Voices of East Harlem wieder zu entdecken. Gegründet 1969 im Umfeld eines Jugendzentrums vom Sozialaktivisten Chuck Griffin entwickelte sich das – zweitweise bis zu 20-köpfige – Ensemble rasch zu einer Live-Attraktion. Das Debut-Album „Right on be free“ (1970) ist für sich bereits Statement genug, Songtitel wie „Simple song of freedom“ (Bob Dylan-Cover), „No No No“ und „Gotta be a change“ sprechen für sich. Es klang so, als hätten sich Sly and the Family Stone und die Edwin Hawkins Singers in solidarischer Weise fusioniert. Die herausragenden Stimmen der Leadsängerinnen Anna und Gerri Griffin sowie der für die damalige Zeit typische Einsatz von Wah-Wah für die groovige Rhythmus-Gitarre bescherten den Voices of East Harlem einen umjubelten Auftritt beim Isle-of–Wight-Festival 1970.
Eine besondere Sternstunde stellt das Konzert „Sing Sing Thanksgiving“ (1972) im Rahmen eines Filmworkshops im berüchtigten gleichnamigen Gefängnis im US-Bundesstaat New York dar. Die Voices of East Harlem spielten beim Abschlusskonzert unter anderem eine außergewöhnliche Version des Nina-Simone-Songs „Young, Gifted and Black“. Neben ihnen traten die Folk-Ikone Joan Baez und Blues-Gitarrist B.B. King auf sowie eine Gruppe von zwölf Gefangenen, B.B. King sprach in diesem Zusammenhang von der „besten Performance seines Lebens“. Die von allen Beteiligten vertretene Intention lautete „Abschaffen der Gefängnisse“ und um Verständnis werben für jene, die auf die „schiefe Bahn“ geraten waren.
Die Voices of East Harlem waren zwischen 12 und 21 Jahre alt und veröffentlichten bis 1974 insgesamt vier Alben. Vor allem das von Curtis Mayfield produzierte selbstbetitelte Album aus dem Jahr 1973 verdient Beachtung: Der Song „Giving Love“ zeigte sie von einer sanfteren Seite und bescherte ihnen den längst verdienten Hit – vielleicht ihre schönste Songperle und die beste Gelegenheit, die Musik des black movements der frühen Siebziger Jahre kennenzulernen, die beispielsweise in der Jackson Five mit dem noch ganz jungen Michael Jackson ihre erfolgreiche Fortsetzung fand.