Kolumbien bekommt zum ersten Mal eine linke Regierung. Gustavo Petro, Kandidat des Linksbündnisses Pacto Histórico, konnte sich am 19. Juni in der Stichwahl um die Präsidentschaft gegen den rechten Unternehmer Rodolfo Hernández durchsetzen. Offiziellen Daten zufolge erreichte er nach Auszählung von 99,9 Prozent der abgegebenen Wahlzettel 50,47 Prozent der Stimmen – Hernández dagegen nur 47,28 Prozent.
In absoluten Zahlen bedeutet das, dass der zukünftige Präsident Petro gute 11 Millionen Stimmen sammeln konnte, wohingegen 10,5 Millionen Menschen in Kolumbien seinen Kontrahenten Hernández wählten. Gute zwei Prozent der Wähler*innen enthielten sich, ein weiteres Prozent bestand aus ungültigen Stimmen. Über 22 Millionen Kolumbianer*innen waren wählen gegangen, damit lag die Wahlbeteiligung mit 58 Prozent deutlich höher als in der ersten Wahlrunde um die Präsidentschaft am 29. Mai.
„Heute ist der Tag der Straßen und Plätze“
Als die von der Wahlbehörde veröffentlichten Ergebnisse die eindeutige Tendenz eines Siegs für Petro anzeigten, äußerte sich der gewählte Präsident zuerst über Twitter: „Heute ist ein Tag zum Feiern für das Volk. Es soll den ersten Sieg der Menschen feiern. Möge all das Leid von der Freude aufgefangen werden, die heute das Herz der Heimat erfüllt. Dieser Sieg ist für Gott, für das Volk und für seine Geschichte. Heute ist der Tag der Straßen und Plätze“, twitterte Petro. Einige Stunden später hielt er in der Movistar Arena von Bogotá seine erste offizielle Rede als gewählter Präsident Kolumbiens.
„In diesem Moment schreiben wir Geschichte. Eine neue Geschichte für Kolumbien, Lateinamerika und die Welt. Es kommt ein wahrhaftiger Wandel“, so Petro. „Dieser Wandel liegt darin, den Hass hinter uns zu lassen. Er liegt darin, dass wir ein Kolumbien sind, nicht zwei. Damit das geschieht, brauchen wir eine Politik der Liebe, des Verständnisses, des Dialogs und des gegenseitigen Verstehens“, fügte der zukünftige Präsident hinzu.
Hernández erkennt Niederlage an, Duque gratuliert
Nach seiner Niederlage schickte der Zweitplatzierte Rodolfo Hernández über Facebook eine kurze Nachricht, in der er Petros Sieg anerkannte und ihn dazu aufforderte, diejenigen, die ihn gewählt haben, nicht zu betrügen. „Kolumbianer: Heute hat die Mehrheit der Bürger, die gewählt haben, sich für den anderen Kandidaten entschieden. Wie ich schon mehrfach gesagt habe, erkenne ich das Ergebnis an, wie es sein sollte, denn wir wollen, dass unsere Institutionen stark sind“, kommentierte Hernández aus seinem Haus in Piedecuesta im Departamento Santander. Laut der Tageszeitung El Tiempo aus Bogotá sagte Hernández außerdem, dass er erwarte, dass die Entscheidung der Bürger*innen nützlich ausfalle und dass sich das Land in Richtung des Wandels bewege, der sich im ersten Wahlgang durchgesetzt habe
„Ich wünsche Dr. Gustavo Petro die Fähigkeit, das Land zu führen, und, dass er seinem Kurs gegen die Korruption und für die Treue derer, die ihm vertrauen, weiterführt“, so Hernández, der seinen Beitrag beendete, indem er seinen Wähler*innen dankte. Auch der aktuelle kolumbianische Präsident Iván Duque meldete sich nach den Wahlen zu Wort. Am 7. August wird er Petro das Amt übergeben – am 7. August 1819 wurde Kolumbien mit der Schlacht von Boyacá unabhängig. Duque ließ über Twitter verlauten: „Ich habe Gustavo Petro angerufen, um ihm zu seiner Wahl zum Präsident der Kolumbianer zu gratulieren. Wir haben beschlossen, uns in den kommenden Tagen zu treffen, um einen harmonischen, institutionellen und transparenten Übergang einzuleiten.“
Glückwünsche aus dem Ausland: „Welch eine Freude für Lateinamerika!“
Auch andere lateinamerikanische Politiker*innen meldeten sich über Twitter, um Petro und seiner zukünftigen Vizepräsidentin Francia Márquez zu gratulieren. Darunter auch der brasilianische Ex-Präsident und aktuelle Präsidentschaftskandidat Luiz Inácio Lula da Silva: „Ich gratuliere meinen Kollegen Gustavo Petro und Francia Márquez und dem ganzen kolumbianischen Volk zu diesem wichtigen Sieg in den Wahlen an diesem Sonntag ganz herzlich. Ich wünsche Petro und seiner Regierung viel Erfolg. Sein Sieg stärkt die Demokratie und die progressiven Kräfte in Lateinamerika.“
Der chilenische Präsident Gabriel Boric schrieb: „Ich habe eben mit Gustavo Petro gesprochen, um ihm zu seinem Triumph in der Präsidentschaftswahl an der Seite von Francia Márquez zu gratulieren. Welch eine Freude für Lateinamerika! Wir werden angesichts der Herausforderungen dieser sich immer schneller verändernden Welt zusammen an der Einheit unseres Kontinents arbeiten.“
Auch der venezolanische Präsident Nicolás Maduro gratulierte Petro. „Ich beglückwünsche Gustavo Petro und Francia Márquez für ihren historischen Sieg der Präsidentschaftswahlen in Kolumbien. Der Wille der kolumbianischen Bevölkerung wurde erhört: der Wille, den Weg der Demokratie und des Friedens zu verteidigen. Es brechen neue Zeiten für unser Bruderland an“, schrieb Maduro aus Caracas.